Aggressives Non Hodgkin Lymphom der B-Zell Reihe

Erfahrungsbericht einer Patientin mit der Diagnose "Aggressives Non Hodgkin Lymphom der B-Zell Reihe"

von Tina Stecher (04. Juli 2016)

Fühl dich nie zu sicher – aber genieße das Leben!


Im Oktober 2000 erkrankte ich an einer Akuten Myeloischen Leukämie, kurz AML M4 Eo.
Nach 14 Jahren in Vollremission fühlte ich mich „sicher“, genoss das Leben (gut, die eine oder andere körperliche oder mentale Einschränkung war nach wie vor vorhanden, aber nichts gravierendes), hatte mich im Job gut entwickelt, mit meinem Mann ein Haus gebaut, diverse Urlaube genossen – kurzum ein „fast normales“ Leben geführt.

Ende November 2014 bekam ich aus heiterem Himmel blutige Durchfälle und starke Koliken. Nach diversen Untersuchungen war klar, ich hatte mir eine Clostridien-Infektion, vermutlich als Folge einer Antibiotika-Therapie im Monat zuvor, zugezogen. Diese Clostridien wurden dann wiederum mit einem speziell darauf wirkenden Antibiotikum bekämpft und kurz vor Weihnachten waren 2 Stuhlproben negativ, somit die Erreger eliminiert. Doch die kolikartigen Schmerzen blieben und Anfang Januar ging ich darum zur weiteren Abklärung (Darmspiegelung und ggf. CT) ins Krankenhaus.


Am Tag nach der Darmspiegelung erhielt ich lapidar die Auskunft, man habe einen „großen Tumor, über 5cm, im Übergang von Dünn- zum Dickdarm“ gefunden und eine Gewebeprobe entnommen. Dann wurde ich ohne weitere Infos entlassen, man würde sich bei mir melden, sobald die feingeweblichen Untersuchungen abgeschlossen wären und man mir eine Therapieempfehlung geben könnte.

Die folgenden Tage des Wartens waren grauenvoll, gerade weil ich durch die frühere Leukämie-Erkrankung genau wusste, was auf meinen Mann und mich zukommen würde. Angst frisst Seele auf ist noch untertrieben.

Nach 10 Tagen zwischen Himmel und Hölle kam dann die Nachricht (telefonisch), dass es sich nicht um Darmkrebs handelte, sondern um ein aggressives Non Hodgkin Lymphom der B-Zell Reihe. Als Therapie wurde vorgesehen 6 Zyklen R-Chop und 2 weitere Zyklen Rituximab solo.

Für die erste Chemo sollte ich stationär aufgenommen werden, um mögliche Nebenwirkungen sofort vor Ort im Auge behalten zu können, die weiteren Zyklen könnte ich ambulant durchführen.

Zur Vorbereitung wurde mir ambulant ein Port eingesetzt, super, hätte ich das gewusst, hätte ich den Port von Oktober 2000 gleich drin gelassen.

Und so zog ich Anfang Februar 2015 auf der Onkologie-Station im Krankenhaus ein. Geplant waren noch diverse Untersuchungen (KM-Punktion -> meine Horroruntersuchung aus der Zeit der AML, aber mit Gabe von Dormicum war sie halbwegs erträglich, ein spezielles Herz-Ultraschall, da eines der Chemo-Medikamente stark herzschädigend wirkt und ich dieses schon bei der Leukämie in höherer Dosis erhalten hatte) und eben die Gabe der ersten Chemo und das erste Mal der Antikörper Rituximab. Aussage des Arztes beim Herz-Ultraschall: „Frau S. sie haben ein gutes Herz“ :-)

Am Abend nach der Aufnahme bekam ich leider hohes Fieber und so verzögerte sich der geplante Ablauf, da bald klar wurde: Ich hatte zusätzlich auch noch die Virusgrippe. Super, einfach geht bei mir wohl nicht…

Zum Glück konnte dann aber relativ zeitnah mit der Chemo und dem Antikörper begonnen werden und ich vertrug beides recht komplikationsarm. So war ich nach 10 Tagen Krankenhaus auch froh, wieder nach Hause zu dürfen.

In den folgenden Monaten bestand mein Leben aus 2 Tagen ambulanter Chemo/Antikörper, mehreren Tagen, in denen es mir buchstäblich bescheiden ging und dies dann alle 3 Wochen. Also 2 Tage Chemo, 19 Tage „frei“ und wieder 2 Tage Chemo.

Die ambulante Chemotherapie habe ich nicht im MVZ des Krankenhauses gemacht, sondern bei einem niedergelassenen Onkologen in einer Nachbarstadt, weil ich diesen Arzt noch von der Leukämiezeit kannte (da war er Oberarzt auf der Station) und ich mich bei ihm einfach besser aufgehoben fühlte (menschlich). Das ist auch ein Rat, den ich jedem geben möchte: Wenn die Chemie nicht stimmt, wird eine Therapie unangenehmer als sie sein muss und zum Glück haben wir freie Arztwahl!

Da mein Lymphom an einer Stelle saß, die im Ultraschall kaum und auch im CT nur schwer zu untersuchen war (der Darm, gerade der Dünndarm, bewegt sich zu schnell und dadurch werden die Bilder unscharf), wurde mir von dem Professor, der 2001 auch meine Stammzellbehandlung durchgeführt hatte und sich nach Anfrage meinerseits sofort mit in die Therapieplanung einklinkte (menschlich und fachlich einfach unschlagbar dieser Mann!) empfohlen, ein PET-CT bei der Krankenkasse zu beantragen.

Tja, dies wurde ein ziemlicher Kampf, aber letztendlich bekam ich Ende Mai das „go“ und diese Untersuchung ergab: ALLES weg, ich war krebsfrei!

Trotzdem haben wir den letzten kompletten R-Chop-Zyklus noch gemacht und auch die beiden anschließenden Rituximab-solo Zyklen, so dass ich dann Ende August 2015 mit der Therapie durch war.

Zur Reha wollte ich nicht fahren, viel besser habe ich mich im eigenen Garten und mit Freunden entspannen, pflegen und wiederaufbauen können.

Mein Arbeitgeber (bei dem ich schon viele Jahre, auch vor der Leukämie, beschäftigt bin) bot mir an, eine stufenweise Wiedereingliederung zu machen. Doch auch das wollte ich nicht, stattdessen habe ich meinen Resturlaub von 2014 und 2015 ab Februar 2016 genommen und bin im April 2016 in meinen Job in Teilzeit wieder eingestiegen.

Ich habe tolle Kollegen, die mächtig auf mich aufpassen, damit ich mich nicht übernehme und da ich zum einen in einem großen Unternehmen mit hohen sozialen Standards arbeite und zum anderen über meine Arbeitszeit relativ frei entscheiden kann, war und ist dieser Weg für mich persönlich die beste Wahl.

Mittlerweile kämpfe ich zwar noch mit Nachwirkungen (Auswirkungen) der Therapie, wie einer spinnenden Schilddrüse (Hashimoto Thyreoiditis die sich schwer einstellen lässt, die ich schon seit ungefähr 10 Jahren diagnostiziert habe, sich aber seit der Neu-Erkrankung und Behandlung ziemlich störrisch zeigt), beidseitigem Grauen Star (vermutlich durch die Kombi Chemo, Kortison, Antikörper ausgelöst, da vorher alles ok war außer einer mittelgradigen Sehschwäche) und den eher typischen Denkblockaden, Merkschwierigkeiten und einer ziemlichen Fatique. Doch ich hoffe, diese „Baustellen“ nach und nach abarbeiten/verbessern zu können.

Einen Schock gab es gerade im Juni 2016, da erfuhr ich im Nachsorgegespräch, dass man bei der Untersuchung 2 Wochen zuvor „etwas“ auf dem Röntgenbild gefunden habe, das weiterer Abklärung bedürfe – doch nach einem sofort durchgeführten CT bekam ich einige Stunden später zum Glück telefonisch Entwarnung.

Aber auch das hat wieder mal die Meinung meines Mannes und mir bestätigt: Fühl dich nie zu sicher, Krebs(oder „Mr. Black“ wie ich ihn nenne) ist gemein, fies und unberechenbar.

Mein Motto bleibt: Live, Love, Laugh - und meinen schwarzen Humor, den lasse ich mir nicht nehmen, auch nicht von Mr. Black!

Vielen Dank für den Bericht an Tina Stecher.
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Weitere Erfahrungsberichte von Tina Stecher

Tina Stecher hat hier zwei Erfahrungsberichte veröffentlicht:

  1. Erfahrungsbericht nach AML und autologer Stammzelltransplantation
  2. Erfahrungsbericht nach B-NHL