ALL und allogene Knochenmarktransplantation

Erfahrungsbericht eines allogen knochenmarktransplantierten ALL-Patienten

von Nico (Dezember 2010 im Alter von 7,5 Jahren, aktualisiert im November 2023)

Ich wurde am 16.02.2003 geboren. Die ersten 10 Monate meines Lebens verliefen wie bei jedem anderen Kind auch. Zwischen Weihnachten und Silvester erkrankte ich dann an einer Lungenentzündung, für deren Behandlung wir in das nächstgelegene Krankenhaus geschickt wurden. Dort wurde mir Blut abgenommen und die Diagnose stand sofort fest:

Akute Lymphatische Leukämie!

Es folgte eine Chemotherapie an der Uniklinik Frankfurt, die im Juni 2004 beendet wurde. Von da an musste ich täglich Tabletten einnehmen und erhielt im Abstand von 6 Wochen eine leichte Chemo.

Bis dahin schien es, als wäre die Krankheit besiegt, doch 3,5 Monate nach Ende der Intensivtherapie wurde bei einer Routineuntersuchung festgestellt, dass sich die Krebszellen wieder vermehrt hatten.

Ich wurde mit einer noch stärkeren Chemotherapie, sowie Kopfbestrahlungen behandelt. Es begann die Suche nach einem geeigneten Knochenmarkspender, da meine Heilungschancen durch eine alleinige Chemo-Therapie nicht sehr gut waren.

Ich hatte großes Glück und es wurden sogar 3 passende Spender gefunden!

Am 21.Februar 2005 war es dann endlich soweit. Ich bin in einen keimfreien Raum (die sogenannte "Schleuse") im neuen Transplantationszentrum der Uniklinik Frankfurt eingezogen. Die 7 Ganzkörperbestrahlungen an den ersten 4 Tagen habe ich, trotz Vollnarkose, sehr gut verkraftet. Auf die Chemo, die danach folgte, habe ich anfangs mit Fieber und Übelkeit reagiert, doch am 3.und 4.Tag ging es mir schon wieder etwas besser. Meine Zellen wurden dadurch vernichtet und ich habe am 1.3. das neue Knochenmark erhalten. Das geschah ganz unspektakulär: Mir wurden nacheinander 2 Beutel ähnlich einer Bluttransfusion angehängt und nach ca. 4 Stunden war alles vorbei. Ich habe darauf mit erhöhtem Blutdruck reagiert, was aber laut den Ärzten ganz normal sei.

Die Tage danach ging es mir recht gut. Ich habe regelmäßig ein wenig gegessen, aber lange Zeit nichts getrunken. Ich wurde aber trotzdem seit der Transplantation künstlich ernährt, da das was ich aß nicht ausgereicht hätte. Flüssigkeit erhielt ich auch genügend über den Tropf, so dass es nicht schlimm war, wenn ich eine Weile nichts getrunken habe.

Mitte März bekam ich dann leider Fieber, ausgelöst durch Adeno-Viren im Darm und im Blut. Dadurch vermehrten sich die neuen Blutzellen nicht so schnell wie es hätte sein sollen und es musste mit einem Medikament nachgeholfen werden.

Am 11.04.05 wurde ich endlich nach 7 Wochen Krankenhausaufenthalt nach Hause entlassen.

Die in regelmäßigen Abständen folgenden Untersuchungen des Knochenmarks und des Blutes waren unauffällig. Ich gelte als geheilt!

Als Folgen der Behandlung entstand bei mir eine vorüber gehende leichte Schilddrüsenunterfunktion und 4,5 Jahre nach der Transplantation ein grauer Star an beiden Augen. Dieser wird regelmäßig vom Augenarzt kontrolliert und musste bis jetzt noch nicht operiert werden.

Einmal in Jahr lasse ich mich von einem Hautarzt untersuchen, da ich durch die Bestrahlungen sehr viele Leberflecken habe. Es mussten schon einige Flecken vorsorglich entfernt werden.

Trotz einer Behandlung mit Wachstumshormonen habe ich leider nur eine Körpergröße von 1,59m erreicht. Dies ist auch eine Nebenwirkung der Bestrahlung.

Die Schulzeit war nicht gerade leicht für mich! Ich kann mich nicht lange konzentrieren und litt an ADS. Den Hauptschulabschluss habe ich trotzdem gut geschafft. Danach war es sehr schwer für mich den richtigen beruflichen Weg zu finden.

Seit einem Jahr befinde ich mich wieder in regelmäßiger Nachsorge an der Uniklinik Frankfurt, da auch nach fast 20 Jahren noch Spätfolgen auftreten können. Kürzlich wurde mir ein verdächtiger Knoten an der Schilddrüse entfernt. Zum Glück stellte sich heraus, dass er gutartig war!

Meinen Knochenmarkspender besuchen wir regelmäßig. Ich hatte von Anfang an eine ganz besondere Beziehung zu ihm, auch wenn ich anfangs nicht wusste was er Besonderes für mich getan hat.

Nico

Vielen Dank für den Bericht an
Nico Kurz

 

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