ALL und allogene Knochenmarktransplantation

Erfahrungsbericht einer allogen knochenmarktranplantierten ALL-Patientin
Giuseppe und mein 2. Leben

von Marline (Bericht von 2004, ergänzt in 2024 – heute 30 Jahre alt)

Ich heiße Marline und bin 11 Jahre alt, und meine Hobbys sind Reiten, Tanzen und meine Katze Guiseppe. Sie hat ein ganz weiches Fell und lässt sich auch gern kraulen, und ich nehm sie auch manchmal mit ins Bett.

Als ich sechs war, da wurde es mir eines Morgens schlecht, und ich bin im Badezimmer zusammengebrochen. Meine Mutter hat mich zum Arzt gebracht, und der hat uns direkt in die Uniklinik Köln geschickt. Ich hatte ganz viel Angst, was die da mit mir machen würden. Die Ärzte dort wussten erst auch nicht, was mit mir los war und haben ganz viele Untersuchungen gemacht. Dann haben sie mich auf die Onkologie (Krebsstation) verlegt. Ich lag mit einem Mädchen im Zimmer, das auch Krebs hatte. Sie hat mir alles erklärt, auch wie das mit der Chemotherapie ist. Da fließen die Medikamente durch Schläuche in den Körper. Davor hatte ich schon ziemliche Angst. Aber ich hab mir gedacht, wenn sie das aushält, schaff ich das auch!

Leider hab ich die Chemotherapie nicht gut vertragen. Ich bekam keine Luft mehr und ganz dolles Bauchweh. Außerdem bin ich von den Medikamenten ganz dick geworden. Aber das Schlimmste war: Als ich eines Tages aufwachte und in den Spiegel guckte, da lagen alle meine Haare auf dem Kopfkissen. Das war ein sehr komisches Gefühl.

Eigentlich hätte ich im Sommer 2000 zur Schule kommen sollen, aber weil ich so krank war, ging es nicht. Das war sehr traurig, denn jetzt konnte ich nicht in einer normalen Schule eingeschult werden, sondern musste im Krankenhaus zur Onko-Schule gehen.

Weil es mir immer noch nicht besser ging, beschlossen die Ärzte, dass ich eine Knochenmarktransplantation bekommen sollte. Bei einer Operation haben sie meinem Bruder Dominik Knochenmark entnommen, das kam in einen Blutbeutel und ist dann über Schläuche vier Stunden lang in mich reingelaufen. Ich fand das sehr toll, dass mein Bruder das gemacht hat. Und er war auch sehr stolz.

Weil man nach einer Knochenmarktransplantation ganz leicht einen Rückfall bekommen kann, wurde ich in die Essener Uniklinik verlegt. Dort musste ich in einem ganz kleinen keimfreien Zimmer leben, das nannte man Box (Schachtel). Ich habe einen Mundschutz getragen, und meine Familie durfte mich nur durch eine Glasscheibe sehen. In dieser Zeit habe ich ganz viel gemalt. Ich habe auch Angst gehabt, dass ich sterben könnte. Ich hab gedacht, ich bin tot und alle sind traurig. Dann werd ich ein Engel und komm zu meinem Hund in den Himmel.

Meine Mutter hat mir in dieser Zeit versprochen, dass ich eine eigene Katze kriege, wenn ich wieder gesund werde. Und das wollte ich unbedingt. Es hat zwar fast zwei Jahre gedauert, aber jetzt bin ich geheilt, sagen die Ärzte. Meine Haare sind nachgewachsen und ich bin so dünn wie früher. Ich wohne wieder zu Hause und gehe in eine ganz normale Schule. Meine Katze Guiseppe ist mein bester Freund.

Marline

Ergänzung (April 2024)

Ich bin 30 Jahre alt und es geht mir gut. Meine Krankheit habe ich gut überstanden – aber nicht vergessen! 2006 ergab sich bei der Jahresuntersuchung aufgrund einiger Sehprobleme die Diagnose Grauer Star. Trotzdem brauchte ich keine Brille und die Sehkraft hat sich nicht verschlechtert. Im Frühjahr 2010 wurden bei der Jahresuntersuchung Veränderungen in der Schilddrüse festgestellt. Diese sind wohl eine Spätfolge der Bestrahlungen. Bei der Kontrolluntersuchung für eine 2. Meinung in der Uniklinik Bonn hat man mir die Veränderungen bestätigt. Ich soll einmal im Jahr zur Kontrolle kommen um das ganze weiter zu beobachten. Da ich mich mit einer Kontrolle alle 6 Monate einfach wohler fühlte, bin ich alle 6 Monate in der Uniklinik Bonn zur Kontrolle gewesen. Die Jahresuntersuchung findet seit 2013 in einer onkologischen Praxis statt und die Schilddrüsenuntersuchung speziell in der Uniklinik Bonn. 

Im Juli 2019 wurde mir bei der Kontrolle der Schilddrüse empfohlen nach drei Monaten wieder zu kommen. Tabletten musste ich nach wie vor keine nehmen jedoch war man über die Anzahl der Knoten etwas beunruhigt. Die Knoten sind alle sehr klein aber man wollte es sich lieber einmal nach kürzerer Zeit ansehen.

Nach drei Monaten bin ich wieder in Bonn gewesen und es schien alles wie bei den letzten Kontrollen der Schilddrüse zu sein. Die Knoten waren weiterhin klein aber davon einige. Leider war das Blutbild nicht in Ordnung und ich sollte nach zwei Wochen zur Blutkontrolle wiederkommen. Ich bin nach zwei Wochen dann wieder nach Bonn gefahren und es wurde Blut abgenommen. Ich fand das ganze schon sehr beunruhigend dafür, dass ich eigentlich nur einmal im Jahr kommen sollte. Nachdem ich die Blutergebnisse im Brief nach Hause bekommen habe war die Empfehlung die Schilddrüse schnellstmöglich entfernen zu lassen. 

Am 11.11.2019 wurde ich operiert und mir wurde die gesamte Schilddrüse entfernt. Seitdem nehme ich L-Thyrox und mir geht es gut. Speziell zur Uniklinik Bonn zur Kontrolle muss ich nicht mehr. Die Blutuntersuchung übernimmt mein Hausarzt um zu sehen, dass ich mit dem L-Thyrox gut eingestellt bin. 

Mittlerweile habe ich eine Brille, da man bei einer Augenarztuntersuchung festgestellt hat, dass zum Grauen Star noch eine Kurzsichtigkeit hinzugekommen ist. 

Nach der KMT hatte ich damals die Mundschleimhaut sehr angegriffen. Das ist leider nicht so spurlos an meinem Zahnfleisch vorbeigegangen. Ich gehe deswegen alle 6 Monate zur professionellen Zahnreinigung, da es meinem Zahnfleisch gut tut und mich bis jetzt vor einer Parodontose-Behandlung bewahrt hat. Ich putze gründlich die Zähne, benutze Mundspülungen und Zwischenraumbürsten damit ich mein Zahnfleisch im Rahmen halten kann. 

Auch habe ich seit der KMT mit trockener Haut zu kämpfen. Vor allem an der Hand ist die Haut sehr trocken und rissig. Ich habe schon verschiedene Cremen ausprobiert und nichts hilft so richtig - ich warte auf einen Hautarzttermin. 

Reiten gehört nach wie vor zu meinem großen Hobby. Der enge Bezug zu Pferden und der Reitsport hat sich immer positiv auf meine innere Zufriedenheit und Ausgeglichenheit bemerkbar gemacht. Es fördert die Kondition und verbessert die Balance. Seit 2019 habe ich einen Deutschen Reitpony Wallach namens Mirage und seit Januar 2024 habe ich einen Minishetty Hengst namens Flip.

Kater Giuseppe ist mittlerweile leider verstorben. Meine Ausbildung als Kauffrau im Gesundheitswesen bei der Krankenkasse habe ich 2014 begonnen und erfolgreich abgeschlossen. Mein Wunsch einen Beruf mit medizinischem Hintergrund hat sich somit erfüllt. Ich arbeite auch heute noch bei der Krankenkasse. 

Ich habe meinen Führerschein gemacht und habe mir den Traum vom ersten eigenen Auto verwirklicht.

Mittlerweile habe ich auch zwei Tattoos als Erinnerung/Verarbeitung von der KMT damals.

Ich wohne mit meinem Freund zusammen und wir haben zwei Hauskatzen namens Simba und Nala. 

Vielen Dank für den Bericht an
Marline Forche

Mehr Info auf www.platz-home.de
(Marline freut sich über Einträge im Gästebuch)

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