Schwerbehinderung

Aufgrund der Erkrankung, die zu einer Transplantation geführt hat, kann beim zuständigen Versorgungsamt (in Baden-Württemberg bei den örtlich zuständigen Landratsämtern, in NRW bei den Kreisen oder kreisfreien Städten) ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden.

Damit sind einige Nachteilsausgleiche verbunden, wie u.a.:

  • steuerliche Erleichterungen (z.B. nach Grad der Behinderung gestaffelte Pauschbeträge)
  • Zusatzurlaub von einer Woche pro Kalenderjahr
  • Kündigungsschutz (aber: beginnend erst nach 6 Monaten bei einem neuen Arbeitgeber)
  • Altersrente für Schwerbehinderte
  • höhere Freibeträge beim Wohngeld
  • Eintrittsermäßigungen / Beitragsermäßigungen
  • für Ihren Arbeitgeber: evtl. Ersparnis von der Ausgleichsabgabe

u.a. mehr (siehe auch Ermäßigungen).

GdS nach allogener Stammzelltransplantation

Nach allogener Stammzelltransplantation werden für die Dauer von 3 Jahren 100% GdB (Grad der Behinderung) gewährt. Danach ist der GdS nach den verschiedenen Auswirkungen und dem Organschaden, jedoch nicht niedriger als 30% zu bewerten (siehe auch Grad der Schädigungsfolgen). Einen Schwerbehindertenausweis erhalten Sie ab 50% GdB und damit auch oben genannte und evtl. weitere Nachteilsausgleiche

GdS und berufliche Tätigkeit

Bei einer Antragstellung ist zu bedenken, dass die Ausstellung des Ausweises auch heißt, dass bei einer beruflichen Neuorientierung in der Praxis manch ein Arbeitgeber von einer Anstellung absieht, wenn er erfährt, dass der Bewerber einen Schwerbehindertenausweis besitzt. Die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung durch den potentiellen Arbeitgeber ist zulässig.

Sie stellt keine Diskriminierung dar, löst aber die formalen Konsultationspflichten des SGB IX gegenüber der Schwerbehindertenvertretung aus. Prinzipiell muss die Frage nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Wenn allerdings bei der Frage ein Bezug zum Arbeitsplatz bestand, hat der Arbeitgeber bei einer Falschbeantwortung das Recht zur Anfechtung. Eine Frage mit Bezug zum Arbeitsplatz (wie z.B. ob der Stellenbewerber an gesundheitlichen, seelischen oder ähnlichen Beeinträchtigungen leidet, die seine Eignung zur Verrichtung der beabsichtigten vertraglichen Tätigkeit infrage stellt) kann ohne mögliche rechtlichen Folgen nicht falsch beantwortet werden.

Grad der Schädigungsfolgen (GdS)

Die Höhe des GdS (Grad der Schädigungsfolgen) bei Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems richtet sich nach der Schwere der hämatologischen Veränderungen, nach den Organfunktionsstörungen, nach den Rückwirkungen auf andere Organe, nach der Auswirkung auf den Allgemeinzustand und der Häufigkeit von Infektionen.

Die nachstehend genannten GdS-Sätze sind Anhaltswerte. Es ist unerlässlich, alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet in jedem Einzelfall zu berücksichtigen. Die Beurteilungsspannen sollten de Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.

Bei Gesundheitsstörungen, die in der folgenden Liste nicht aufgeführt sind, ist der GdS-Grad in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Anhaltswerte Auszüge aus der "Versorgungsmedizin-Verordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (Stand: Januar 2020) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind und sich nur auf die Bundesrepublik Deutschland beziehen.

Die Beantragung der Anerkennung einer Schwerbehinderung erfolgt bei dem jeweiligen zuständigen Versorgungsamt. Informationen darüber (Info-Material, auch evtl. zustehende Merkzeichen) sowie die Anträge dafür bekommt man in der jeweiligen Gemeinde- oder Stadtverwaltung sowie bei Gesundheitsämtern.

Bei solch schwerwiegenden Krankheiten sollte man die Schwerbehinderung ruhig annehmen, auch wenn man diese nicht offensichtlich sieht. Bei den Ämtern sollte man wegen Info-Material ruhig nachhaken. Leider ist es nicht immer so, dass man bei Diagnose, währen oder nach der Behandlung "standardmässig" Informationen oder Hilfe zur Beantragung der Anerkennung der Schwerbehinderung bekommt.

Wenn berechtigte Zweifel an der Höhe des festgelegten GdS-Grades bestehen oder beantragte Merkzeichen, die einem zustehen, nicht eingetragen werden, sollte man sich nicht scheuen, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen.

Wir wünschen viel Erfolg bei der Beantragung der Anerkennung der Schwerbehinderung. 

Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bei Blutsystemerkrankungen

Verlust der Milz

bei Verlust im frühen Kindesalter, dann bis zur Vollendung des 8. Lebensjahresandauernder Therapie, bis zum Ende der Intensiv-Therapie je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand

 

20

danach oder bei späterem Verlust

 

10

Hodgkin-Krankheit

im Stadium I bis IIIA

   

bei mehr als sechs Monate andauernder Therapie, bis zum Ende der Intensiv-Therapie je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand

 

60-100

nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)

 

50

     

im Stadium IIIB und IV

   

bis zum Ende der Intensiv-Therapie..

 

100

nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)

 

60

Non-Hodgkin-Lymphome

Chronische lymphatische Leukämie und andere generalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome

   

mit geringen Auswirkungen (keine wesentlichen Beschwerden, keine Allgemeinsymptome, keine Behandlungsbedürftigkeit, keine wesentliche Progredienz)

 

30-40

mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)

 

50-70

mit starken Auswirkungen, starke Progredienz (z.B. schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, rezidivierende Infektionen, starke Milzvergrößerung)

 

80-100

Lokalisierte niedrigmaligne Non-Hodgkin-Lymphome

   

nach Vollremission (Beseitigung des Tumors) für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)

 

100

     

Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome

   

bis zum Ende der Intensiv-Therapie

 

100

nach Vollremission GdS für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung).

 

80

Plasmozytom (Myelom)

mit geringen Auswirkungen (keine wesentliche Auswirkung auf den Allgemeinzustand, keine Behandlungsbedürftigkeit, ohne Beschwerden, keine wesentliche Progredienz)

 

30-40

mit mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit)

 

50-70

mit starken Auswirkungen (z.B. schwere Anämie, starke Schmerzen, Nierenfunktionseinschränkung)

 

80-100

Myeloproliferative und myelodysplastische/myeloproliferative Neoplasien

Auswirkungen auf andere Organsysteme sind zusätzlich zu bewerten

   
     

Chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-positiv

   

Im Stadium der kompletten hämatologischen, kompletten zytogenetischen und molekularen Remission beträgt der GdS

 

10-20

Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission je nach Ausmaß der zytogenetischen Remission beträgt der GdS

 

30-40

Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), bei fehlender Remission oder bei Rezidiv je nach Organvergrößerung, Anämie, Thrombozytenzahl und in Abhängigkeit von der Intensität der Therapie beträgt der GdS

 

50-80

In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS

 

100

     

Atypische chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-negativ; chronische Neutrophilen-Leukämie; chronische myelomonozytäre Leukämie

   

Im Stadium der kompletten hämatologischen Remission beträgt der GdS.

 

40

Im chronischen Stadium, auch bei Krankheitsbeginn (im ersten Jahr der Therapie), ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organvergrößerung und Anämie, der Thrombozytenzahl und der Intensität der Therapie. Der GdS beträgt.

 

50-80

In der akzelerierten Phase oder in der Blastenkrise beträgt der GdS

 

100

     

Primäre Myelofibrose (Chronische idiopathische Myelofibrose)

   

Bei geringen Auswirkungen (keine Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS

 

10-20

Bei mäßigen Auswirkungen (Behandlungsbedürftigkeit) beträgt der GdS

 

30-40

Bei stärkeren Auswirkungen (insbesondere mäßige Anämie, geringe Thrombozytopenie, ausgeprägte Organomegalie) beträgt der GdS

 

50-70

Bei starken Auswirkungen (insbesondere schwere Anämie, ausgeprägte Thrombozytopenie, exzessive Organomegalie) beträgt der GdS

 

80-100

     

Chronische Eosinophilen-Leukämie/Hypereosinophilie-Syndrom

   

Die Teilhabebeeinträchtigung ist insbesondere abhängig vom Ausmaß der Organomegalie, Hautbeteiligung, Blutbildveränderungen und Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt mindestens 50.

   
     

Polycythaemia vera

   

Bei Behandlungsbedürftigkeit

   

mit regelmäßigen Aderlässen. Der GdS beträgt

 

10

mit zytoreduktiver Therapie ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt

 

30-40

Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten.

   
     

Essentielle Thrombozythämie

   

Bei Behandlungsbedürftigkeit

   

mit Thrombozytenaggregationshemmern. Der GdS beträgt

 

10

mit zytoreduktiver Therapie ist die Teilhabebeeinträchtigung insbesondere abhängig vom Ausmaß der Nebenwirkungen der Therapie. Der GdS beträgt

 

30-40

Übergänge zu anderen myeloproliferativen Erkrankungen sind analog zu diesen zu bewerten.

   

Akute Leukämien

Im ersten Jahr nach Diagnosestellung (Erstdiagnose oder Rezidiv; insbesondere während der Induktionstherapie, Konsolidierungstherapie, Erhaltungstherapie) beträgt der GdS

 

100

Nach dem ersten Jahr

   

bei unvollständiger klinischer Remission: Der GdS beträgt weiterhin

 

100

bei kompletter klinischer Remission unabhängig von der durchgeführten Therapie: Der GdS beträgt für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung).

 

80

Danach ist der GdS nach den verbliebenen Auswirkungen (insbesondere chronische Müdigkeit, Sterilität, Neuropathien, Beeinträchtigung der Entwicklung und kognitiver Funktionen) zu bewerten.

   

Myelodysplastische Syndrome

mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)

 

10-20

mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)

 

30-40

mit stärkeren Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit, rezidivierende Infektionen)

 

50-80

mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusions- bedürftigkeit, häufige Infektionen, Blutungsneigung, leukämische Transformation)

 

100

     

Aplastische Anämie (auch Panmyelopathie), Agranulozytose

   

Der GdS bei aplastischer Anämie oder Agranulozytose ist auch nach Therapie analog zu den myelodysplastischen Syndromen zu bewerten.

   

Knochenmark- und Stammzelltransplantation

Nach autologer Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation ist der GdS entsprechend der Grundkrankheit zu beurteilen.

   

Nach allogener Knochenmarktransplantation für die Dauer von drei Jahren (Heilungsbewährung)

 

100

Danach ist der GdS nach den verbliebenen Auswirkungen und dem eventuellen Organschaden, jedoch nicht niedriger als 30, zu bewerten.

   

Anämien

Symptomatische Anämien (z.B. Eisenmangelanämie, vitaminabhängige Anämien) sind in der Regel gut behandelbar und nur vorübergehender Natur.

   

Therapierefraktäre Anämien (z.B. bestimmte hämolytische Anämien, Thalassämie, Erythrozytenenzymdefekte)

   

mit geringen Auswirkungen (ausgeglichen und ohne wesentliche Allgemeinstörungen)

 

0-10

mit mäßigen Auswirkungen (z.B. gelegentliche Transfusionen)

 

20-40

mit starken Auswirkungen (z.B. andauernde Transfusionsbedürftigkeit)

 

50-70

Hämophilie und entsprechende plasmatische Blutungskrankheiten (je nach
Blutungsneigung)

leichte Form mit Restaktivität von antihämophilem Globulin (AHG) über 5 %

 

20

mittelschwere Form – mit 1-5 % AHG

   

mit seltenen Blutungen

 

30-40

mit häufigen (mehrfach jährlich) ausgeprägten Blutungen

 

50-80

schwere Form – mit weniger als 1 % AHG

 

80-100

Sonstige Blutungsleiden

   

ohne wesentliche Auswirkungen

 

10

mit mäßigen Auswirkungen

 

20-40

mit starken Auswirkungen (starke Blutungen bereits bei leichten Traumen)

 

50-70

mit ständiger klinisch manifester Blutungsneigung (Spontanblutungen, Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen)

 

80-100

Eine Behandlung mit Antikoagulantien ist bei der Grundkrankheit (z.B. bei Herzklappen- und Gefäßprothesen, Thrombophilie) berücksichtigt. Wenn die Grundkrankheit nicht mehr besteht bzw. keinen GdS mehr bedingt, aber eine Weiterbehandlung mit Antikoagulantien erforderlich ist, kann – analog den sonstigen Blutungsleiden – in der Regel ein GdS von 10 angenommen werden.

   

Immundefekte

Angeborene Defekte der humoralen und zellulären Abwehr (z.B. Adenosindesaminase- Defekt, DiGeorge-Syndrom, permanente B-Zell-Defekte, septische Granulomatose)

   

ohne klinische Symptomatik

   

trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit, aber keine außergewöhnlichen Infektionen

 

20-40

trotz Therapie neben erhöhter Infektanfälligkeit auch außergewöhnliche Infektionen (ein bis zwei pro Jahr)

 

50

Bei schwereren Verlaufsformen kommt ein höherer GdS in Betracht.

   

Erworbenes Immunmangelsyndrom (HIV-Infektion)

   

HIV-Infektion ohne klinische Symptomatik

 

10

HIV-Infektion mit klinischer Symptomatik geringe Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei Lymphadenopathiesyndrom [LAS])

 

30-40

stärkere Leistungsbeeinträchtigung (z.B. bei AIDS-related complex [ARC])

 

50-80

schwere Leistungsbeeinträchtigung (AIDS-Vollbild)

 

100

Schwerbehinderung

Weiterführende Literatur

Literatur zum Thema "Schwerbehinderung"

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