Wiederherstellung des Immunsystems

Wiederherstellung des Immunsystems
(Immunologische Rekonstitution) und Infektionen

Die Wiederherstellung eines funktionierenden Immunsystems wird als „Immunologische Rekonstitution“ bezeichnet. Es schützt den Körper vor Erkrankungen durch Krankheitserreger, wie z.B. Bakterien und Viren, und ist in der Lage, Zellen zu beseitigen, die sich im Körper krankhaft verändert haben. Dabei spielen die weißen Blutkörperchen mit ihren verschiedenen Untergruppen, wie z. B. Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten, eine wesentliche Rolle.

Die Konditionierungstherapie vor Transplantation zerstört mit dem Knochenmark auch das Immunsystem des Empfängers. Das Ergebnis ist ein so genanntes „Immundefektsyndrom“, welches den Patienten anfällig für Infektionskrankheiten jeder Art macht. Mit dem Transplantat werden Stammzellen des Spenders übertragen, aus denen sich im Laufe der Monate ein funktionsfähiges Immunsystem entwickelt.

Die Wiederherstellung eines funktionierenden Immunsystems wird durch verschiedene Faktoren verzögert, insbesondere durch die Einnahme immunsuppressiver Medikamente und durch das Auftreten einer Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (Graft-versus-Host-Disease, kurz GvHD; siehe "GvHD") Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion). Bei Patienten ohne chronische GvHD kann 1 bis 2 Jahre nach Transplantation mit einem normal funktionierenden Immunsystem gerechnet werden.

Tritt jedoch eine chronische GvHD auf, kann ein mehr oder weniger schwerer Immundefekt jahrelang fortbestehen.

Es ist bekannt, dass die Untergruppen der weißen Blutkörperchenihre normale Anzahl und Funktionsfähigkeit unterschiedlich schnell wieder erreichen. Die ersten Zellgruppen, wie z. B. Granulozyten und Monozyten, sind ohne Auftreten einer GvHD 3 bis 4 Monate nach Transplantation wieder in normaler Zahl vorhanden und voll funktionsfähig.

Langsamer entwickeln sich bestimmte Untergruppen der Lymphozyten. Insbesondere die so genannten T-Helfer-Zellen können bis zu 5 Jahre nach Transplantation erniedrigt sein. Auch die von BLymphozyten produzierten Antikörper (Immunglobuline) können über Jahre erniedrigte Blutspiegel aufweisen. Hinweise auf die Funktionsfähigkeit des Immunsystems geben daher die Immunglobuline und die T-Helfer-Zellen (den Marker für die Zellen nennt man „CD4+“, normale Blutspiegel > 400 pro Mikroliter) sowie das Zahlenverhältnis der THelfer-zu den T-Suppressor-Zellen (CD4+/CD8+).

In der Regel produziert das Immunsystem bei Fehlen einer GvHD ein Jahr nach der Transplantation wieder ausreichend Antikörper. Dann ist eine aktive Immunisierung durch Impfung sinnvoll [siehe "Impfempfehlungen"]. Bei Patienten mit anhaltendem Antikörper-Mangel kann eine langfristige Gabe von Immunglobulinen in Form von Infusionen erforderlich sein.

Das Infektionsrisiko ist in den ersten 2 Jahren am höchsten. Bei verzögerter Wiederherstellung des Immunsystems (meist im Zusammenhang mit einer GvHD) bleibt das Infektionsrisiko über Jahre erhöht.

Es gibt Viren, die normalerweise harmlos sind, die aber bei lang anhaltender Immunschwäche zu Erkrankungen führen können. Zu nennen sind insbesondere das Cytomegalie-Virus (CMV), das Varizellen-Zoster-Virus (VZV; dieses verursacht bei Kindern Windpocken und bei Erwachsenen Gürtelrose) sowie das Herpes-simplex-Virus (HSV).

Pneumocystis jiroveci (frühere Bezeichnung: Pneumocystis carinii [Pc]), ein verbreiteter und für nicht immunsupprimierte Personen harmloser Erreger, kann bei bestehender Immunschwäche zu einer Lungenentzündung führen.

Eine zunehmende Bedeutung bekommen pilzbedingte Infektionen (Aspergillen, Candida u.a.). So besiedelt Candida häufig die Schleimhäute. Aspergillen können zu Infektionen der Lungen oder der Nasennebenhöhlen führen.

Sog. „bekapselte“ Bakterien, d.h. Bakterien mit einer Schleimkapsel  (Pneumokokken, Meningokokken oder Haemophilus influenzae), verursachen unter Umständen bedrohliche bakterielle Infektionen.

Einen gewissen Schutz bieten Impfungen. Bei einzelnen Patienten wird auch eine langfristige Vorbeugung mit Antibiotika durchgeführt (Antibiotikaprophylaxe).

Empfehlungen:

Impfungen mit Totimpfstoffen sollten ca. 1 Jahr nach der Transplantation durchgeführt werden. Bei bestehender Immunschwäche besteht die Gefahr, dass eine Impfreaktion ausbleibt. Wann geimpft werden soll, ist in diesen Fällen eine individuelle Entscheidung. Bei GvHD sollten insbesondere auch die entsprechenden Empfehlungen hierzu beachtet werden (siehe "GvHD").

Vielen Dank für die Bearbeitung an
Dr. med. Dipl. Psych. Andreas Mumm
Klinik für Tumorbiologie - Freiburg

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